Hier ist der Reisebericht Sprach- Wanderurlaub am Bafa See 2010 von Cosja:
ZitatMein Abenteuer ?Sprach-Wander-Urlaubsreise am Bafa-See? begann eigentlich schon im Mai vergangenen Jahres. Ich las in einem Forum einen Beitrag von Olive, dass im September 2011 ein Sprach-Wander-Urlaub in Kap?k?r? am Bafa-See angeboten werde. Nach wenig hin und her, einem herzlichem Mailkontakt und abschließendem Telefonat mit Olive war mir schnell bewusst, dass das genau das Richtige für mich war. Und innerhalb weniger Tage waren bei meinem Cheffe der Urlaub beantragt, mein Aufenthalt in der Pension Yasemin in Kap?k?r? klar gemacht und meine Flüge gebucht.
Von da an fieberte ich Kap?k?r? regelrecht entgegen, wiederholte meine Lektionen (so lala...) aus dem Lehrbuch Güle-Güle und recherchierte im Internet über diese Gegend, den See, das Dorf und die Sehenswürdigkeiten drum herum.
Am 2. September 2010 war es endlich soweit und mein Flieger ab Flughafen Stuttgart hob planmäßig um 22:40 Uhr ab. Beim Einchecken bekam ich noch spontane Schnappatmung, denn mein Trolley brachte es auf genau 20 kg, aber zu Hause sagte mir meine Waage noch 18.8 kg. Aber Ballast in Form von diversen Bayram-Geschenken konnte ich ja bald abwerfen.
Izmir, Kap?k?r?, ich komme!
Wie gewohnt schlief ich bereits schon bei der Vorführung der Schwimmweste im Flieger ein und wachte nur kurz auf, als die Flugbegleiterin schon fast an mir vorbei war. Schnell einen Kaffee, einen Orangensaft und ein Knäckesandwich geordert, alles in mich hineingemampft und -geschüttet, danach dämmerte ich wieder ein. Ich wachte erst wieder auf, als die griechischen Inseln sowie danach die Umgebung um Izmir von oben herab hell erleuchtet zu erkennen waren. Ich war fasziniert und betrachtete dann Izmir wie gebannt von oben. Die Stadt schien wie in flüssiges Gold getaucht, die Häfen und Strandpromenaden der Halbinsel Cesme waren deutlich zu sehen und so konnte ich die Landung fast nicht mehr erwarten.
Pünktlich um 2:35 Uhr Ortszeit setzte der Flieger sanft auf, hellwach und ausgeschlafen stieg ich aus dem Flieger, mein Trolley war auch schnell vom Band und routiniert ging ich noch im Duty Free-Shop meine wenigen Einkäufe erledigen. Auf die Schnelle sah ich keinen Geldausgabeautomaten und so konnte ich entgegen meinem Vorhaben keine TL ziehen.
Erwartungsvoll betrat ich den Vorplatz des Adnan Menderes Flughafen, aber mein Transfer oder bekannte Gesichter waren im Gewimmel nicht zu entdecken. Meinen Sprachlehrer Olive sowie unseren Pensionsvermieter und Wanderführer Adil kannte ich ja immerhin von Fotos. Aber ich blieb zuversichtlich und war auch dankbar darüber, dass ich erstmal eine Zigarette rauchen konnte und unterhielt mich mit anderen Reisenden/Wartenden angeregt. Endlich wurde ich abgeholt, ich erkannte meinen Sprachlehrer schon von weitem. Da an diesen Tagen bzw. Nächten mehrere Sprachschüler zu unterschiedlichen Zeiten abgeholt werden mussten, haben sie sich einfach in der Zeit vertan. Olive entschuldigte sich zerknirscht ungefähr tausendmal, aber ich war so relaxed und mir gings einfach nur saugut: Ich war im Urlaub, momentan noch satt, wach, aufgekratzt und einfach nur glücklich. Allerdings hatte ich nun noch einen weiteren Fahrgast bei mir, Helge, der zu seiner Familie nach Didim wollte. Wir einigten uns kurz und Adil war sofort bereit, den Mann bis zu einer bestimmten Kreuzung Richtung Didim, also ca. 150 km, mitzunehmen. Olive luden wir sehr bald unterwegs an einem vorher bereitgestellten Fahrzeug aus, denn zwei weitere Schüler aus Köln sollten ca. 4 Stunden später am Airport abgeholt werden.
So ging also die Fahrt in der stockfinsteren Nacht Richtung Söke weiter, ein Stück auch auf der Autobahn. Ich war zuletzt vor vielen Jahren an der Ägäis gewesen und natürlich erkannte ich NICHTS wieder. Lediglich die Ortsnamen auf den Straßenschildern waren mir ein Begriff.
Bei den Outlet-Shops bei Söke an der D525 stoppten wir kurz am Geldausgabeautomaten, damit ich mir Landeswährung besorgen konnte. Doch der Automat streikte und so sollte ich die nächsten drei Tage ohne Lira sein. Was aber kein Problem war, denn ich machte bald überall "Schulden". Nachdem wir unseren Fahrgast an besagter Kreuzung "ausgesetzt" hatten, fuhren wir nun nur noch zu Zweit weiter und unterhielten uns bereits wie gute Bekannte. Und der Bafa-See kam immer näher.
Plötzlich verspürte ich starken Bierdurst, als ich die Efes-Werbeplakate sah! Ich fragte Adil, ob sie wohl ein kaltes Efes zu Hause hätten. Ich war nämlich noch so aufgekratzt und sehnte mich nach einem Schlummertrunk. Seinen Gedankengängen konnte ich zwar nicht folgen, aber er stoppte kurz danach im Ort Bafa an einem erleuchteten Lokanta, verschwand ohne Worte ins Innere und besorgte mir geschwind ein eiskaltes Efes, bog dann in die kleine Straße Richtung Bafa-See ein und im Dunklen fuhren wir weiter in Richtung Kap?k?r?, welches am Nord-Ost-Ufer des Sees liegt. Plötzlich bog Adil von der kleinen Landstraße Richtung See ab und wir holperten ein kurzes Stück über einen Feldweg. So durfte ich also, am Ufer auf einer abgemähten Wiese sitzend, mein erstes Efes-Pilsener trinken und gleich noch eine Kippe rauchen. So eilig hatte ich es zwar auch wieder nicht, aber es war schön! Den See sah ich wegen der Dunkelheit immer noch nicht, aber ich hörte ihn immerhin. Die Wellen schwappten leise ans Ufer, und nach und nach tauchten im Dunkeln die ersten Fischer auf und gingen nach einem freundlichen Günaydin zu ihren Booten.
Na super! Kaum drei Stunden auf türkischem Boden, schon ?erwischte? man mich während des Ramadan frühmorgens bei Efes und Kippe. Der Urlaub fing also schon mal klasse an!! Embarassed
Dann erreichten wir gegen 5:30 Uhr, kurz vor Sonnenaufgang, Kap?k?r?. Und im Dorf war die Hölle los: Asthmatische Hähne krächzten, die Esel keuchten im Takt heiser mit, ein paar Kühe wurden ebenfalls wach, der Iman war bereits auf seinem Minarett zu Gange und ein wütender Alphahund jagte jaulende Hunde über die Hauptstraße des Orts. Ich bezog mein Zimmer im oberen Stockwerk der Pension Yasemin, die sich in der Ortsmitte beinahe unterhalb der Moschee befindet, und fiel halbwach ins Bett. Ungerührt vom Lärm schlief ich aber bald ein und erwachte um die Mittagszeit wieder.
Nun sah ich meine nähere Umgebung endlich bei Tageslicht. Der Balkon vor meinem Zimmer war von Pflanzen beinahe zugewachsen, durch eine Lücke blickte ich vom Balkon direkt in den Kuhstall des Nachbarn. Der Innenhof lag idyllisch und geschützt hinter halbhohen Mauern, Schatten spendete ein ausladender Jasminbaum. Ein langer Holztisch, Bänke und Stühle sowie munteres Geplapper in türkischer Sprache lockten mich in den Innenhof.
Cosja, ich habe deinen Reisebericht hierher verschoben, weil es sonst 2 Themen mit fast gleichem Titel geben würde! Wenn du noch mehr zu berichten hast, würde ich mich freuen, wenn du hier weitermachst! Toller Reisebericht soweit, habe ich gerne gelesen! Danke!!!
ZitatCosja, ich habe deinen Reisebericht hierher verschoben, weil es sonst 2 Themen mit fast gleichem Titel geben würde! Wenn du noch mehr zu berichten hast, würde ich mich freuen, wenn du hier weitermachst! Toller Reisebericht soweit, habe ich gerne gelesen! Danke!!!
Problem yok, Karin Freut mich, wenn der Reisebericht gefällt. Yep, der geht noch ne Weile, habe Tagebuch geführt und ich war insgesamt 13 Tage am Bafasee und Umgebung ....
Fortsetzung
Adils Ehefrau Besire sowie seine Eltern begrüßten mich freundlich und sogleich wurde mir mein Kahvalt? im Innenhof serviert. Ich frühstückte alleine, schade, aber meine übrigen Mitbewohner waren schon ausgeflogen. Und wir hatten ja noch unterrichtsfrei. Das Frühstück war, wie an den folgenden Tagen auch, bombastisch. Es enthielt Tee und Kaffee (Nescafe und/oder Filterkaffee), frisches Brot, mehrere Sorten von Oliven, Käse, selbstgemachte Marmelade, Honig sowie frische Gurken, aromatische Tomaten mit Pulbiber gewürzt und eigenem Olivenöl übergossen, Omelette. Besire hatte sofort mein Herz gewonnen.
Gestärkt und erwartungsvoll schnappte ich mir danach meinen Knipse und schlenderte durch den Ort Kap?k?r?. Der Ort steht auf und zwischen den antiken Ruinen der griechisch-hellenistischen Stadt Herakleia. Ausgrabungen konnten deshalb auch noch nicht vorgenommen werden. Im Ort selbst befinden sich lediglich eine Handvoll Pensionen verstreut, Hotels dürfen gar keine gebaut werden. Und überhaupt bedürfen Neu- oder Anbauten im Ort einer besonderen Genehmigung bzw. sind ganz verboten. Ich war restlos begeistert von dem was ich sah! Nicht nur dass ich mich aufgrund des Films "Leben am Latmos" auf die Schönheit und die auf mich anziehende Atmosphäre freute, in Wirklichkeit war alles noch viel schöner. Ich wollte an den See, machte aber zuerst an der Agora Halt.
Blick von der Agora auf das Kastell
Sofort begrüßten mich stürmisch einige Frauen vom Dorf und präsentierten mir stolz und wichtig ihren selbst hergestellten Schmuck und geklöppelte Spitzendeckchen. Im holprigen Türkisch konnte ich ihnen aber klarmachen, dass ich noch ein paar Tage bleiben werde, momentan keine Lira habe und überhaupt alles langsam angehen wolle. Yava?, yava?, sonra. Was sofort akzeptiert wurde. Dann das obligatorische Woher, wohin, verheiratet, wieviel Kinder, wo ich derzeit wohne, ob es mir hier gefällt ?. ich traute mich immer mehr, meinen kärglichen Wortschatz ins Gedächtnis zu rufen und so langsam löste sich meine Zunge.
Tage später lernte ich dann im Sprachunterricht: ?canim istemiyor? = meine Seele möchte nicht oder salopp keine Lust. Das kam immer gut und wurde stets freundlich akzeptiert.
Ich blätterte in Gesellschaft der Frauen noch ein wenig in meinem Reiseführer, besichtigte noch den Athena-Tempel in der Nähe der Agora, danach machte ich mich über einen schmalen Pfad hinunter zum See.
Blick vom Seeufer auf den Tempel
Nach wenigen Minuten war ich am Ufer. Der See liegt ruhig und traumhaft da mit seinen kleinen Inselchen und Zitadellen, auch entdeckte ich einige ausnahmslos leere und idyllische Strandabschnitte.
Deine Frage wird hier ja ausführlich beantwortet, Bliss!
ZitatKann man in dieser mystischen Idylle eigentlich ein Grundstück direkt am See kaufen?????
Habe ich mir schon gedacht, weil in Kapikiri keine Neubauten (Ferienanlagen ect) zu sehen sind! Ein kleines Steinhäuschen mit verwunschenem Garten wird/wurde von einem türkischen Makler zum wahnwitzigen Phantasiepreis angeboten... die Differenz zwischen Angebot und Nachfrage lässt das zu! Aber Vorsicht, wer dort etwas kaufen will muss sich am türkischen Dorfsrecht orientieren! (Siehe "Tips Immobilienkauf Türkei")
So, das lag mir gerade auf der Seele... jetzt weiter mit dem spannenden Reisebericht von Cosja!
Unbedingt dazwischenfunken!! Fragen stellen, Kommentare abgeben, eure Erlebnisse in Kapikiri schildern ... der Thread soll ja hier kein Monolog werden Vielleicht mischt ja auch noch Olive mit und kann Interessantes und Wissenswertes zu Kapikiri beisteuern, aber "leider" weilt er gerade in Kapikiri ... seufz
Fortsetzung
Das nahe gelegene Zeybek-Restaurant mit Terrasse direkt am See und angegliederten Campingplatz lockte mich an, denn ich hatte Durst, keine Lira aber Euro. Und dort traf ich dann auf der Terrasse des Restaurants Adil und zwei meiner Mitschüler sowie zwei weitere Gäste der Yasemin Pension bei diversen Getränken gemütlich sitzen. Wir machten uns schnell bekannt, waren uns auf Anhieb sympathisch, und als Olive noch dazu kam, beschlossen wir spontan, am Seeufer entlang zum nahe gelegenen Kastell zu spazieren.
Danach hatten wir Gelegenheit, auf Adils gutmütigem Esel am Ortseingang von Kap?k?r? unsere erste Eselreitstunde zu absolvieren. Was gar nicht so einfach war. Das zugerufene "entspann dich" und "bleib schön locker" war ja gut gemeint, aber als es steil einen Felsen hinunterging, hatte ich die Wahl zwischen Bauchmuskeln anspannen und gleichzeitig Rückgrat durchdrücken oder mich vom Esel zu werfen. Ich entschied mich für ersteres.
Zur Stärkung lud uns Olive danach bei sich in seinen Garten zu Çay ein. Und bei Abenddämmerung wanderten wir noch zum Osttor an der Stadtmauer und genossen auf einem Felsen den wunderschönen Sonnenuntergang über dem See.
Die Abendsonne lässt einen Wachturm, den See (hier das Ostufer) und das Latmosgebirge leuchten
"Zu Hause" angekommen überraschte uns Besire am langen Holztisch im Innenhof mit Linsensuppe, Auberginenpaste, Salat, Izmir-Köfte (meine Lieblingsspeise!!), Okra- und Bohnengemüse.
Der erste Tag, ein wunderbarer Tag mit phantastischen Eindrücken und in netter, interressanter und lustiger Gesellschaft, mit meinem neuen Rudel für die nächsten Tage, ging zu Ende. Und ich wusste, mein spontaner Entschluss dort zu urlauben, war goldrichtig
Der Samstag, 4.09.2010, begann um 8:30 Uhr mit einem opulenten Frühstück in geselliger Runde am heimeligen Holztisch im Innenhof. Um 9:30 Uhr begann unser Sprachunterricht auf der luftigen und mit Pflanzen überwachsenen schattigen und sehr gemütlichen Dachterrasse der Pension, der von da an jeden Tag bis 12:30 Uhr dauern sollte, inkl. einer Tee-Schwätz-Zigaretten-Pause. Olive wiederholte mit uns am ersten Unterrichtstag diverse Satztypen wie die Sein-Suffixe, var/yok, Vollverben, bejahen, verneinen, fragend und fragend verneinen ? volles Programm also ? und ich war recht schnell von seinem vielseitigen, lebhaften und auch vor allem kommunikationsorientierten Unterricht äußerst positiv eingenommen. Auch bemerkte ich sehr bald Unterschiede zwischen dem Unterricht in der VHS und dem von Olive. Diese liegen vor allem an den perfekten Deutschkenntnissen von Olive, und so konnte er alle Frage nicht nur verstehend, gut verständlich und auch geduldig und zu unserer Zufriedenheit beantworten. Sondern auch daran, dass nicht stur an der Güle-Güle-Lektüre festgehalten wurde, sondern der Unterricht abwechslungsreich und mit eigenem Unterrichtsmaterial aufgewertet wurde.
Nach dem Unterricht beschlossen wir, noch am selben Nachmittag ab dem Nachbardorf Gölyaka eine Wanderung durch das Latmosgebirge zum Yediler-Kloster zu machen. Gesamte Wanderzeit voraussichtlich 4 Stunden. Diese erste Wanderung durch den Latmos, auch Be?parmak Da?lar? = Fünf-Finger-Gebirge genannt, war für mich ein großartiges Erlebnis. Der Gebirgszug beginnt nordöstlich des Bafa-Sees, das Gestein besteht aus Augengneis und die dadurch besondere Form hat etwas Faszinierendes und Mystisches. Das Latmosgebirge gehörte einst zu den heiligen Bergen Kleinasiens und hier wurden schon zu Urzeiten archaische Götter verehrt, wovon prähistorische Felszeichnungen Zeugnis ablegen. Adil bewies sich als sehr humorvoller, quicklebendiger und fürsorglicher Wanderführer, der in diesem Gebirge jeden Krümel Felsen zu kennen scheint, und marschierte leichtfüßig wie eine Latmosziege voran. Und wir waren auch alle gut gelaunt und unternehmungslustig, und das Wetter mit angenehmen Temperaturen von ca. +33°C, dazu der frische Seewind, war mehr als erträglich. Die Wege, meist durch Olivenhaine, waren i.d.R. gut begehbar, und bei kritischen Stellen über Felsen wurde Hand angelegt bzw. gedeutet, wo man seinen Fuß an einem Felsen aufsetzen konnte. Ziegenherden sind uns allerdings niemals begegnet. Ich glaube gelesen zu haben, dass diese früher einmal die Macchia des Latmos zu sehr in Mitleidenschaft gezogen hatten und deshalb Ziegenherden im Gebirge nicht mehr gehalten werden dürfen. Dafür fanden wir auf unseren Pfaden mehrmals Stacheln von Stachelschweinen.
Der Bafa-See zeigte sich uns von oben in voller Schönheit, die Ansicht ähnelt einem Standbild. Und es schien auch, die Zeit bleibt im Latmosgebirge einfach stehen.
An manchen Schattenplätzen machten wir Pause und füllten uns mit unserem mitgebrachten Wasser ab. An diesem Nachmittag erfuhr ich im Vorübergehen Interessantes über das Veredeln von Olivenbäumen.
Und unterwegs wurden wir an versteckten Stellen auf die Felsenmalereien oder Fresken aufmerksam gemacht.
Irgendwann kamen wir am Yediler-Kloster (Sieben-Brüder-Kloster aus dem 7. Jh. n. Chr.) an, begingen das Gelände und auf einem anderen Pfad wanderten wir wieder zurück zum Ausgangsort Gölyaka.
Mit qualmenden Socken und durstig kehrten wir bei Mehmet ein, wurden mit Getränken und einer großen Schüssel mit frischen Feigen versorgt. Dann spielte Mehmet mit seiner Saz auf und sang zu melancholischen aber auch frechen Liedern. Selbst seine entzückende Frau kicherte bei den Texten manchmal hinter vorgehaltener Hand.
Ich glaube, das Bild von Mehmet darf ich hier einstellen. Denn er ist als Musiker und auch Wanderbegleiter schon eine Berühmtheit in der Gegend, und wenn man bissl googelt, findet man auch einiges Fotos von ihm im Web.
Sonnenuntergang von Gölyaka aus fotografiert
Erst nach Sonnenuntergang kehrten wir wieder nach Hause zurück und Besire verwöhnte uns mit köstlichem Kalbsgulasch, Reis, Salat und verschiedenem Gemüse in einer leckeren Joghurtsauce. Und wir fraßen und schleckten wieder wie siebenköpfige Raupen sämtliche Töpfe, Schälchen und Schüsseln leer.
Hier noch einmal die Gegend um das Yediler-Kloster: Der 'Pilz' mit den Fresken
Noch einmal das Kloster. Der Fels im Hintergrund erinnert an ein Dinosaurier-Ei.
Wir standen vorher ca. 2 Wanderstunden vom Kloster entfernt und suchten mit Ferngläsern den Berg ab, so perfekt schmiegt sich das Kloster, auch farblich, an den Berg. Hier sieht man auch noch die Steinmauer, welche das Kloster umgibt. Wobei es im Klosterinnenhof eher wenig spektakulär war. In nächster Umgebung: Feigenbäume mit reifen Feigen, sowie Olivenbäume, die sogar von einem Menschen, der die Wasserkanister mit dem Esel raufschleppt, gegossen werden.
Herrlich erfrischend dein Bericht, Cosja, du nimmst uns mit auf die Reise zum Bafasee, aber auch auf eine Zeitreise! Du erinnerst mich sooo an die Zeit der ersten Verliebtheit in Land und Leute... inzwischen ist meine Beziehung zur Türkei eher wie die eines älteren Ehepaares, man hat die kleinen Schwächen & Fehler des Anderen kennen und lieben gelernt!
Hier habe ich eine kleine Überraschung und Dankeschön für dich gefunden:
Hoffe, das führt dich zurück in deine schöne Zeit in Kapikiri und inspiriert dich zu vielen weiteren Fortsetzungen deiner Reise, zu der wir dich virtuell begleiten dürfen!
Herzlichen Dank, Karin, die Überraschung ist dir aber gelungen
Ich bin gespannt, ob ich in diesem Jahr Mehmet mit seiner Saz wieder treffe ... ... meine Verliebtheit begann 1984, als wir mit unserem Motorrad mit der Fähre in Izmir ankamen und zaghaft begannen, das Land zu erkunden. Ich war zwar dieser einen Liebe nicht immer treu, aber dass das hartnäckige Virus unheilbar ist, wisst ihr ja alle auch ... LG von Cosja
Am Sonntag, 5.09.2010, schwitzten wir nach dem Frühstück über dem Präsens sowie Lokal- und Herkunftssuffix. Nach dem Unterricht brachen wir recht bald auf, um über Bafa in Richtung Söke nach Yeniköy zu fahren, um dort über den Wochenmarkt zu schlendern. Die dort an einem Stand angebotenen frischen Gözleme ließen wir uns schmecken, auch strömten wir in alle Richtungen aus und versorgten wir uns auf dem Wochenmarkt mit frischem Obst und anderen Leckereien. Ich besaß zu diesem Zeitpunkt übrigens immer noch keine eigenen TL und machte weiter fleißig Schulden
Wir fuhren weiter nach Didim und besuchten Didyma, die größte antike Apollon-Tempelanlage der TR aus dem 8. Jh v. Chr. Sie war dem Gott Apollo geweiht und diente als Orakelstätte. Für mich war es seit ca. 1985 der zweite Besuch dort. Da hier jeder sicherlich Didim kennt, hier nur ein paar wenige Fotos:
Alte verlassene Häuser neben der Tempelanlage, welche vor dem türkisch-griechischen Völkeraustausch von Griechen bewohnt waren.
Dannach fuhren wir weiter in nördlicher Richtung nach Milet, einer damals in der Antike bedeutenden Handelsstadt mit ursprünglich vier Häfen. Wie der Bafa-See oder Ephesos ist auch Milet durch Verlandung vom Meer getrennt.
Blick in die nördliche Richtung in die fruchtbare Mäanderebene, wo mit den Pflückarbeiten der Baumwolle schon hier und da begonnen wurde
Blick über das Ausgrabungsgelände nach Süden. Auf den Bergen sieht man die Windräder bei Didim.
Über die Orte Tuzburgazit und Gülbahace fuhren wir an Priene vorbei, Adil konnte uns zu weiteren Besichtigungen nicht mehr aus dem Auto locken. Dann bei Söke an der D 525 zu den Outlet-Shops. Kültüüüür-Schock nach nicht mal drei Tagen Dorfleben.
Diesmal funktionierte der Geldausgabeautomat und spuckte mir die heißbegehrten Lira förmlich entgegen. Endlich verfügte ich über akzeptables Zahlungsmittel und konnte meine Gläubiger bedienen. Wir verstreuten uns wieder in alle Richtungen und stürmten die Läden. Um uns danach wieder vollbepackt mit den Einkäufen an Adils Auto zu treffen. Aber mir war das dort alles zu laut, zu hektisch, zu quirlig. Und ich wollte wieder zurück in "mein" Dorf ?
Heute hörten wir im Unterricht das melancholische Lied "Istanbul'u dinliyorum" = "Ich höre Istanbul" in der Version von Orhan V. Kanik und Zülfü Livaneli.
Wir notierten auf einem vorgefertigten Blatt mit Lückentext das auf, was wir alles davon verstanden hatten. Nach mehrmaligem Anhören des Lieds wurde vervollständigt, erläutert und übersetzt.
Ein sehr schönes Lied, und ich dachte dabei an den Großstadtlärm von Istanbul und den für Istanbulbesucher faszinierenden Trubel in dieser bunten Weltstadt. Hier in Kap?k?r?, wie in einem schützendem Kokon, war das alles unvorstellbar, völlig fremd und weit, weit weg. Themen des heutigen Unterrichts waren auch der Dativ und Sätze bilden mit nereye und nerede.
Nach dem Unterricht waren für die nächsten Stunden keine Aktivitäten geplant und das Rudel hatte erstmal 'frei'. Ich schnappte also meine Knipse und machte einen Streifzug durch den Ort.
Am späteren Nachmittag begaben wir uns zur kleinen antiken Hafenanlage und beluden zwei bereitstehende Boote mit Kühlboxen, die im Hause Yasemin für uns gefüllt wurden. Langsam knatterten wir auf den Booten zum schönen Sandstrand bei den Zwillingsinseln.
Es war eine Grillparty geplant.
Und schon bald würzten Adil und seine Freunde frischen Fisch, packten den Fisch und das Gemüse in Grillfolie und alles wurde auf dem Lagerfeuer gegart. Die Efes- und Rakiflaschen machten die Runde, die Stimmung war ausgelassen, das Essen vorzüglich.
Mehmet mit der Saz und ein Freund mit der Trommel heizten die Stimmung noch mehr ein, die Männer fingen das Tanzen an, bald wurden wir zum Tanz am Lagerfeuer aufgefordert. Schon mal barfuß im weichen Sand zu türkischer Musik getanzt? Zu den Volksweisen und im Sand kam ich mir schon bissl wie ein rheumatisches Trampeltier vor.
Die Rückfahrt von den Zwillingsinseln zum Hafen von Kap?k?r? fand im völligen Dunkeln statt. Und es war spannend zu beobachten, wie unsere Kapitäne vor dem Anlegen der Boote die Umgebung am Hafen mit Strahlern ausleuchteten. Sicher, trockenen Fußes und noch in ausgelassener Stimmung kamen wir kurz vor Mitternacht wieder zu Hause an.
Uaaaah, an diesem Vormittag (7.09.2010) nahm Olive mit uns nochmals gründlich den Richtungsdativ dran. Dann ein Ausflug zum Genitiv und Possesiv mit viel Sprechübungen, danach eine kleine Vorschau auf den morgigen Unterricht, Thema Ablativ. Und aus gegebenen Anlass noch ein Ausflug in den Wortschatz, den man auf Märkten gut gebrauchen kann: Von 'Bu kaç lira?' über 'deneyebilir miyim?' (darf ich probieren?) bis hin zu 'taze mi?' (ist das frisch?). Gebürstet und gestriegelt schnappte ich mir nach dem Unterricht schnell noch meine Knipse und den Reiseführer, dann machten wir uns auf den Weg nach Milas und besuchten den dortigen Wochenmarkt.
Um nochmal auf das oben von dir genannte Lied, gesungen von Orhan Veli, zurückzukommen, da muss ich eurem Lehrer Olive ein grosses Kompliment machen! Das hat er gut ausgesucht, denn sogar ich mit meinem gebrochenem türkisch verstehe fast jedes Wort! Endlich mal ein türkisches Lied, das klar und deutlich gesungen wird, bei den meisten Songs verstehe ich nur Bahnhof, weil die Sänger soviel verschlucken! Auch die Bilder in diesem Video über Istanbul sind wirklich schön, DANKE für den Link!
Dein sehr lesenswerter Reisebericht ist hoffentlich noch nicht zu Ende, ich warte gespannt auf die Fortsetzung!