Seit Menschengedenken sind die Strassen und Plätze in türkischen Städten das Revier der Schuhputzer. Ganze Armeen von fleissigen Männern und Buben polieren Schuhe auf Hochglanz für ein paar Münzen Lohn. Die grossen Schuhputzer auf den besten Plätzen sind mit wertvollen goldenen Schuhputzkästen ausgestattet, die kleinen Jungs sind eher mit einem alten Karton oder einer kleinen Holzkiste unterwegs. Auch in der Schulzeit müssen viele Kinder als Schuhputzer Geld verdienen, die meisten haben kaum mal eine Schule von innen gesehen, der jüngste kleine Schuhputzer in der Türkei ist gerade mal 5 Jahre alt!
Mir tun diese Kleinen leid, darum gebe ich immer was, ohne mir die Schuhe ruinieren zu lassen!
Die allerärmsten Kinder verdienen sich und ihrer Familie ein bisschen Geld mit dem Verkauf von Papiertaschentüchern auf den Strassen der türkischen Städte. Auch in Kusadasi sieht man solche Kinder, die von den reichen Touristen leider oft ignoriert werden... Was jetzt in Istanbul mit so einem armen kleinen Kind passiert ist, schockiert die ganze Türkei! Strassenkehrer haben in einem Haufen Abfall bei der Metrostation Halicioglu in Istanbul einen bewusstlosen kleinen Jungen gefunden, den sie erst für eine weggeworfene Puppe hielten! Das Kind, der 5-jährige Bedrettin war zusammengeschlagen, getreten, mit einem Messer bearbeitet, mit einer Wäscheleine gewürgt und weggeworfen, weil er ein paar 11-Jährigen in die Quere gekommen war! Bedrettin, der von seinem Vater zum Verkauf von Papiertaschentüchern gezwungen wurde, hat diese im "Revier" der grossen Jungs verkaufen wollen und das wurde ihm zum Verhängnis! Der kleine "Slumdog" Bedrettin ist mit Schnittwunden, Prellungen, Schädelfrakturen in ein Krankenhaus eingeliefert worden und seine tragische Geschichte rührt nicht nur die Türken zu Tränen!
Die Ministerin für Frauen & Kinder, Selma Aliye Kavaf bestätigt, dass der Kleine schon mehrmals auf der Strasse aufgegriffen und nach Hause gebracht wurde und will sich persönlich darum kümmern, den kleinen Bedrettin in einer Pflegefamilie/Heim unter zu bringen! Was Bedrettin passiert ist, kann unzähligen anderen Strassenkindern zustossen...
Das Schicksal des kleinen Bedrettin erschüttert die Türkei, wie sich jetzt herausstellt hat der Kleine schon seit seinem 2. Lebensjahr betteln müssen! Und der Staat wusste davon! Bedrettin wurde schon 5 mal seit 2006 auf der Strasse von Zabitha und Sozialarbeitern aufgegriffen und nach Hause gebracht! Der Vater des Jungen musste schon x-Mal Strafe zahlen, trotzdem wurde den Eltern das Sorgerecht nicht entzogen! Bedrettin's Familie kommt aus dem Dorf Turgutlar im Kozan Distrikt von Adana, einem Dorf, das für Bettler bekannt ist! Von den 2000 Einwohnern des Dorfes verdienen sich 1500 ihren Lebensunterhalt durch professionelles Betteln, in 2004 kamen 80% der Bettler in Istanbul aus genau diesem Dorf! Die Familie von Bedrettin besitzt Tankstellen, Autos, Geschäfte...ein Verwandter sagt der Presse: "Wir sind an's Betteln gewöhnt, das ist "easy money", meine Enkel werden auch betteln!" Die Nachbarn der Familie in Istanbul sagen, dass mehrere Familien mit etwa 20 Kindern in der Hütte leben und systematisch gebettelt hat, die Kinder wurden mit Autos in die reichen Stadtteile gebracht, mehrere Familien teilen sich im Winter die Adresse in Istanbul, wo übrigens Niemand gemeldet ist... Kinder betteln zu lassen ist verboten, die Eltern der "Mendilci Cocuklar" ( Taschentuch-Kinder) müssen Strafe zahlen, wenn die Kinder erwischt werden...trotzdem lohnt sich das Betteln wohl!
Die türkische Obrigkeit fragt die Bevölkerung, den Bettelkindern KEIN Geld zu geben, um das professionelle Betteln nicht zu stimulieren!!!
Seit 2005 gibt es Instanzen in der Türkei, z.B. COGEM und SHCEK, die sich um das Los der Strassenkinder in der Türkei kümmern! In edukativen Zentren sind bisher fast 9 000 Strassenkinder aufgefangen und rehabilitiert worden! Im Jahr 2010 wurden 8 834 Strassenkinder in den Zentren registriert, 2 005 Kinder fanden dort ein zeitliches Unterkommen, 6 829 Kinder konnten dem Unterricht beiwohnen! Von den Kindern, die die Angebote der Zentren nutzen konnten, kamen 748 Kinder aus Familien, die sie zum Arbeiten gezwungen hatten! Diese Kinder gehen inzwischen alle in normale Schulen!
Leider mussten 81 Kinder wegen Alkohol / Drogen Abhängigkeit behandelt werden, und 91 Ex Strassenkinder haben eine Berufsausbildung erhalten und haben einen Arbeitsplatz gefunden!
Die Familien von 903 Kindern wurden finaziell unterstützt, um den Kindern die Schulbildung zu ermöglichen, anstatt sie zum Geldverdienen auf die Strasse zu schicken! Insgesamt 709 Ausreisser kehrten nach Vermittlung zu ihren Familien zurück!
Gegen 64 Familien, die ihre Kinder zur Arbeit auf den Strassen gezwungen hatten, wurden juristische Schritte eingeleitet!
Gut, dass von hoher Hand endlich was gegen das Schicksal der Strassenkinder unternommen wird! Obwohl das, wenn ich mir die Zahlen ansehe, leider auch nur ein Tropfen auf den heissen Stein ist!