Jährlich passieren 495 000 Verkehrsunfälle in dem 70 Millionen Einwohner Land Türkei! Laut des Staatlichen Statistischen Instituts der Türkei gibt es pro Jahr 77 000 Verletzte, 4 430 Todesopfer und 136 000 Schwerverletzte! Das sind so ungefähr 9.2 Todesfälle pro 100 000 Menschen. Autofahrer ignorieren regelmässig die Verkehrsregeln, halten nicht an roten Ampeln und Stopschildern, Linkseinbieger überqueren von ganz rechts die Strasse, Fahrer mit Autopech halten am Strassenrand und "sichern" den Verkehr mit grossen Steinen oder Steinhaufen, die sie 10 m hinter ihrem Fahrzeug mitten auf die Strasse legen, anstatt Warndreiecke und Warnblinkanlage zu benutzen!
Auch ich ärgere mich fast täglich über die hier übliche Fahrweise. Entweder wird geschlichen oder gerast und farbenblind scheint fast jeder Zweite zu sein. Auch das Einordnen scheint ein großes Problem zu sein. Auf gesetzte Blinker (wenn überhaupt geblinkt wird) verlasse ich mich gar nicht. Liegt es vielleicht daran, daß die meisten Fahrer den Führerschein gekauft und nie eine Fahrschule von innen gesehen haben? Da wundert einem die Unfallstatistik überhaupt nicht!
Da stimme ich dir voll zu, Marianne, der Strassenverkehr hier zu Lande ist sehr gewöhnungs bedürftig! Hauptursache für Unfälle auf den türkischen Strassen:
* Einschlafen am Steuer ( wundert mich nicht, bei den Abständen hier!)
* Wetter ( Sturzregen & Schnee, damit rechnet ja keiner!)
* Alkohol & Drogen am Steuer ( jaja, der Raki und so...)
* Handy am Steuer ( ganz normal, obwohl verboten!)
* Tiere auf der Strasse ( angeblich sind die Strassenhunde schuld!)
Das sagt die türkische Obrigkeit, aber seit ich hier lebe könnte ich noch 1001 Ursachen für Verkehrsunfälle aufzählen...
Die Bilanz für 2009: im Strassenverkehr in der Türkei gab es 4300 Todesopfer und 200 000 Verletzte bei 299 569 Unfällen! Grund für die Unfälle sind: * 138 942 Unfälle durch Fehler vom Fahrer verursacht * 12 890 Unfälle durch Fussgänger * 628 Unfälle verursacht durch Beifahrer, Passagiere * 405 durch Mängel am Fahrzeug * 500 durch Zustand der Strasse Insgesamt wurden 125 000 Führerscheine eingezogen und 722 000 Fahrzeuge aus dem Verkehr gezogen!
Obwohl es so viele Verkehrsunfälle in der Türkei gibt, soll die Führerschein-Prüfung jetzt stark vereinfacht werden! Anstatt die künftigen Autofahrer noch besser auf den Strassenverkehr vorzubereiten, wird die Theorie im Klassenzimmer von 63 auf nur 44 Stunden verkürzt, das schriftliche Examen für den Führerschein wird vereinfacht und ist sogar online zu machen! Dann kann man sich bei den schweren Fragen ja helfen lassen! In einer Umfrage 2009 wurden türkische Autofahrer für ihre Verkehrstauglichkeit getestet, das Ergebnis ist wie zu erwarten: nur 35% der Befragten kannten die Verkehrsschilder, die restlichen 65% hatten null Ahnung, haben aber trotzdem die Führerscheinprüfung bestanden! Ein Mitglied der Ankara Verkehrsstiftung findet, dass die Prüfung für den Führerschein zu technisch und schwierig war, anstatt der vorgeschriebenen 16 Stunden technischem Unterricht wird es in Zukunft nur noch 8 Std. geben!
Wer wundert sich noch über den türkischen Fahrstil... wenn der Führerschein sooo einfach zu machen ist?
Die unglaubliche Dummheit einiger Leute zeigt sich natürlich auch im Straßenverkehr. Gerade gestern höre ich die Sirene eines Krankenwagens hinter mir und fahre, um Platz zu machen, bei stockendem Verkehr an den rechten Fahrbahnrand. Der Fahrer des Wagens hinter mir sieht das allerdings als Aufforderung an, sich telefonierend neben mich zu stellen, da er auf diese Weise noch ein paar Meter vorankommen könnte. Nur mit Mühe gelang es dem Krankenwagen an uns vorbei zu ziehen und sein Ziel, einen angefahrenen Fußgänger ungefähr 100m vor uns zu erreichen. Nachdem unser Vordermann sich den Unfall ausgiebig angeschaut hatte, war es dann auch möglich die Unfallstelle zügig zu passieren und die Fahrt fortzusetzen. Im Rückspiegel konnte man dann noch eine immer größer werdende Menschentraube beobachten, die den Unfall anscheinend als willkommenes Unterhaltungsprogramm ansahen.
ich finde so etwas auch unmöglich - aber leider ist das nicht nur eine Sache der Türkei. Auch hier in Deutschland sind sofort die "Gaffer" dort, sobald auch nur ein Polizei-oder Rettungswagen irgendwo steht! Ich selbst wohne in einem Viertel hier, wo viele türkische Mitbürger wohnen, eine türkische Teestube ist und wo auch schon mal eine Messerstecherei oder Schießerei ist. Beim letzten Mal sind die Menschen sogar bei noch akuter Eskalationsgefahr nicht von der Stelle gewichen - gibt's doch gar nicht! Nur, um am nächsten Tag zu sagen "ich war dabei!" Ich kann mich auch nicht davon freisprechen, mal einen Blick zu werfen, aber wenn ich per Auto unterwegs bin, ist ein Rettungswagen für mich das absolute Signal, Platz zu machen - und ihm garantiert nicht nachzufahren! In diesem Sinne: lasst die anderen machen was sie wollen und das tun, was in diesem Falle absolut richtig ist!
Auf der Fahrt vom Flughafen zu meinem Hotel in Sultanahmet war auf der 4-spurigen Küstenstrasse viel Blaulicht und im Vorbeifahren im Schneckentempo habe ich einen alten Mann gesehen, der überfahren worden war... da wird die Leiche nicht zugedeckt, der Dede lag da wie eine achtlos weggeworfene Schlumpelpuppe! Seitdem schaue ich immer weg, wenn irgendwo ein Verkehrsunfall ist! Mein Taxifahrer hat ganz genau hingeguckt, ob er das Opfer vielleicht kennt, genau wie alle anderen vor & hinter uns!
Das Problem ist glaube ich, daß die Türkei zu schnell gewachsen ist. Vor zwanzig Jahren hatten die wenigsten ein Auto und sind irgendwo in Mittelanatolien mit dem Eselskarren aufgewachsen. Plötzlich gibt es Handys, Tempotaschentücher, Flatscreens usw. und jeder fühlt sich plötzlich wie der Patron, der alles kann... Ein Auto stellt allerdings andere Ansprüche an den Fahrer als ein Esel und irgendwann wird man vielleicht begreifen, daß Verkehrsregeln keine Schikane sind und daß man sein Gesicht nicht verliert, wenn man vor einer roten Ampel stehen bleibt...!