Einer unserer Nachbarn ist gestorben, über die türkische Tradition im Todesfall weiss ich leider nur wenig. Darum hab ich mich ein bisschen erkundigt: Man sagt einem todkranken Moslim nicht wie es um ihn steht, denn es ist Gottes Wille und der Tod ist Beginn einer neuen spirituellen Existenz, nicht das Ende! Ein sterbender Moslim will seinen religiösen Pflichten nachkommen können, er will nach Mekka beten können und sein Glaubensbekenntnis "Es gibt keinen Gott ausser Allah und Mohammed ist sein Prophet" sprechen können, anders übernehmen Angehörige das für ihn! Am Bett eines Sterbenden zeigt man keine Trauer, erst nach Eintritt des Todes wird diese lautstark zum Ausdruck gebracht, Angehörige heulen und stampfen mit den Füssen auf den Boden. Der Verstorbene muss rituell gewaschen werden, mit fliessendem Wasser und darf von Nicht-Moslimen nur mit Handschuhen berührt werden! Die Augen werden geschlossen, Glieder werden gestreckt, Kiefer wird hochgebunden, der Kopf zur rechten Seite gedreht, damit der Tote mit dem Gesicht Richtung Mekka bestattet werden kann, manchmal werden auch die Füsse an den Zehen zusammen gebunden. Nach dem Waschen wird der Leichnam in ein einfaches weisses Laken gehüllt, Männer kümmern sich um männliche Tote, Frauen um weibliche. Wenn der Verstorbene in Tücher gewickelt wird, werden die Arme über die Brust gelegt, aber nicht gekreuzt! Nachdem der Verstorbene so vorbereitet ist, wird er in einem einfachen Holzsarg von allen Männern zum Friedhof gebracht, daran beteiligt sich jeder, der den Verstorbenen gekannt hat, auf dem Friedhof wird der Tote dann ohne Sarg, auf der rechten Seite liegend mit dem Gesicht Richtung Mekka beerdigt. Eine Beisetzung sollte innerhalb von 24 Std. erfolgen!
Wenn jemand gestorben ist, erfährt man das auch durch den traurigen "Sprechgesang" des Muezzin, oft ausserhalb der normalen Gebets-Zeiten! Im Dorf versammeln sich alle Nachbarn im Haus des Verstorbenen, die Frauen haben Essen mitgebracht. Die Familie des Verstorbenen verteilt oft Helva an alle Nachbarn und Freunde, um den Tod etwas zu versüssen! Nach 40 oder 52 Tagen wird, glaube ich, eine Gedenkfeier veranstaltet. Bei unseren Nachbarn war gerade ein Geistlicher anwesend, wir haben die religiösen Gesänge bis zu uns gehört.
Auch hier - wie in der christlichen Religion - finde ich schon einen Widerspruch: Man sagt dem Kranken nicht, wie es um ihn steht, aber der Kranke will nach Mekka beten, um sich nicht zuletzt auf seinen Tod vorzubereiten. Klar, dass es viele Menschen gibt, die schon selbst wissen, wie es um sie steht, aber trotzdem noch hoffen, es wird wieder alles gut...
Hierzu will ich ein bisschen erklären, wie ich das gemeint habe: "Man sagt dem Kranken nicht, wie es um ihn steht"...es findet sich in der muslimischen Türkei selten, wenn überhaupt, ein Arzt, der einem Patienten unverblümt mit z. B. Krebs diagnostizieren wird. Hier wird so gut wie nie jemandem gesagt, dass er nur noch wenig Zeit auf Erden hat! Das ist in den Händen Allahs! Auch ein todkranker Mensch will seinen religiösen Pflichten nachkommen, wenn er ein gläubiger Muslim ist, lebt er nach den 5 Pfeilern des Islam und will 5 mal täglich gen Mekka beten! Wenn man den Text des " Allah hu akbar" mal mit unserem "Vater unser" vergleicht, wird einem der Unterschied zwischen der christlichen und der islamischen Religion schon deutlich: die Christen beten und betteln...um "unser tägliches Brot, vergib uns unsere Schuld, erlöse uns von dem Bösen" usw! Im Islam gibt es das weniger, da wird im Gebet Allah gepriesen als der einzige...und ein sterbender Moslim bereitet sich auf seinen Tod ein wenig anders vor, als ein Christ...es gibt z.B. keine "letzte Ölung", ein guter Moslim ist sich einigermassen sicher, in's Paradies zu kommen. Vielleicht erklärt das die Bereitschaft vieler Terroristen um sich selbst und andere in den Tod zu jagen???
Aber darum geht es in diesem Beitrag nicht, ich möchte nur auf die etwas anderen Gebräuche bei einem Sterbefall in der Türkei hinweisen. Was mir hier in den Dörfern Davutlar und Güzelcamli schon aufgefallen ist, wenn jemand gestorben ist, sind alle Geschäfte im Dorf vorübergehend geschlossen, weil die Männer beim Begräbnis teilnehmen. Öfters schon habe ich einen Begräbniszug gesehen, die Männer tragen abwechselnd den Sarg auf den Schultern, es findet ein fliegender Wechsel statt. Manchmal geht ein Trommler voran und überall, wo der Trauerzug vorbei kommt, wird die Musik ausgestellt. Ein Freund erzählte, dass er seinen verstorbenen Vater in sein Grab legen musste, mein Freund ( kein Muslim) hat das sehr ergriffen, dass er mit seinem toten Vater eine Weile zusammen unten in dessen Grab zugebracht hat.
Es gibt ein sehr gutes Buch über Begräbnis-Rituale in der Türkei:
Krisztina Kehl-Bodrogi "Bestattungsbräuche und Umgang mit dem Tod bei Türken"
Sehr interessant zu lesen, da sind viele Dinge, die ich nicht wusste, sehr gut erklärt. Es ist wichtig, das zu wissen, denn auch das gehört zum "Leben in der Türkei"!
ZitatIslam Koranhandschrift, Medina 19 Jhdt. 2. Tod und Sterben im Islam:
Der Tod aus Islamischer Sicht:
Ein Moslem ist dazu angehalten den Tod nicht aus dem Leben zu verdrängen, nein er wird dazu angehalten den Tod in sein Leben mit einzubinden. Um seines Lebens willen sollte sich jeder Mensch diesem Bewusst sein. Im Koran ist geschrieben: "Wo ihr auch sein mögt, der Tod ereilt euch doch, und wäret ihr in hohen Burgen" (4:79) oder: " Der Tod, vor dem ihr flieht, wird euch sicherlich ereilen" (62:9) und: "Wir haben bei euch den Tod verordnet, und Wir können nicht dran gehindert werden, dass Wir an euere Stelle andere bringen, gleich euch und dass Wir euch in eine Zustand entwickeln, den ihr nicht kennt" (56: 61-62).
Ein Moslem spricht fünfmal am Tag folgende Formel: " Bei der flüchtigen Zeit! Wahrlich, der Mensch ist verloren, außer jenen, die glauben und Gutes tun und sich gegenseitig zur Wahrheit anspornen und einander zum Ausharre mahnen".
Der Hintergrund des Islams ist die bedingungslose und vertrauensvolle Hingabe der eigenen Person an den Willen Gottes in der Erwartung des ewigen Gerichtes an dem er Zeugnis ablegen muss.
Im Glauben und in der islamischen Gemeinschaft wird der Tod nicht beiseite geschoben oder vertuscht. Sondern ihm wird eine besondere Stelle eingeräumt. Den im Koran wird dem Gläubigen ins Gedächtnis gerufen das: " dass der Tod eben nicht ausschließlich der Preis für die Sünden ist, sondern eher eine "Heimkehr" und nicht dass es das Ende ist. Das was im allgemeinen als Tod angesehen wird ist im Islamischen Glauben als eine Rückkehr zum Ursprung des Lebens - " die Vereinigung mit Gott" gesehen.
Der Islam lehrt, dass die Welt in zwei von einander unabhängige teile zerfällt: " In die von uns wahrnehmbare Welt " In die Welt die man nur nach dem Tode wahrnehmen kann.
Die Überlieferung sagt: "das der Mensch erst im Tod "frei" ist; und fordert daher: " Nimm den Tod vorweg und lebe. Wer an die Quelle will, muss gegen den Strom schwimmen." Jüngster Tag
Nach dem Tode des Menschen nehmen Engel seine Seele in Empfang und bringen sie zu Gott. Dort findet ein Zwischengericht statt. Bei diesem Gericht wird die Seele nach Gott, dem Propheten, ihrer Religion und der Gebetsrichtung befragt. Aufgrund der Antworten wird dem Menschen das Paradies oder die Hölle angekündigt. Darauf folgt eine lange Wartezeit bis zum Endgericht. Nach Anbruch der Endzeit erfolgt eine allgemeine Auferstehung der Toten. Gott weckt die Toten auf und erscheint als Richter der Welt. Die Propheten werden als Zeugen über die Völker befragt, zu denen sie einst gesandt wurden. Die Gesandten und die Engel dürfen mit Erlaubnis Gottes Fürsprache einlegen. Dann spricht Gott sein Urteil aufgrund der Taten und des Glaubens der Menschen. Die Höllenqualen für die Ungläubigen und Gottlosen sind fürchterlich. Das Paradies dagegen ist wirklich paradiesisch schön mit allem, was ein Menschenherz erfreut. Nach dem Glauben der meisten Muslime werden alle, die Einzigkeit Gottes bezeugen nach der Vergeltung für ihre Taten in einer Art Fegefeuer aus dem Feuer befreit. Keiner von den Gläubigen wird ewig im Feuer verbleiben, sondern wer auch nur ein Körnchen wahren Glauben im Herzen hat, wird aus dem Feuer errettet.
Islamische Bestattungsritten und Friedhofskulturen: " Umgang mit dem Sterbenden:
Mit dem Koranvers lässt sich, das Leben eines gläubigen Moslems am besten umschreiben: "gewiss, mein gebet, mein Opfer, mein Leben und mein Sterben gehören Gott, dem Herrn der Welten" Denn von Anfang an steht sein Leben unter dem Gelöbnis: "ich bezeuge, dass niemand anbetungswürdiger ist außer Gott, und dass es keinen Gegenstand der Liebe und des Verlangens gibt außer Gott".
So versucht der Moslem auch noch im Angesicht des Todes die rituellen Waschungen an sich durch zuführen und die Worte des Glaubensbekenntnis zu sprechen.
Es ist im üblich das der Sterbende in der Stunde des Todes nicht allein gelassen wir. An seinem Bett sollten sich gläubige Moslems stehen und ihn durch die Gebete und die Anrufung Gottes zu einem leichten, Guten und hoffnungsvollen Tod verhelfen. Den eine Überlieferung sagt, das der Prophet Mohamedgesagt haben soll: " Wenn ihr bei einem Sterbenden zugegen seid, dann sprecht Gutes, denn den Engeln wird das anvertraut, was ihr sagt.
Die Angehörigen und Freunde die dem Sterbenden beistehen sollen mit sanfter aber hörbarer Stimme das Islamische Glaubensbekenntnis sprechen, damit er angeregt wird, dies als letztes Zeugnis des Glaubens im Angesicht des Todes zusprechen. Kann der Sterbende mehr sprechen, soll ihm einer der Anwesenden das Glaubensbekenntnis vorbeten; der Sterbende zeigt dann als Bestätigung mit dem rechten Zeigefinger nach oben. Doch der Koran sagt: " Jedoch gibt es in der Stunde des Todes, dass es keinen Zwang sein soll in Glaubensdingen". (2:256)
Ein verbindlicher Brauch ist aber die Rezitation der Sura Yasin ( 36 offenbart zu Mekka.). Dazu wird von Mohammad überliefert: "Yasin ist das Herzstück des Koran. Kein Mensch liest diese Sura um Gott willen und um das Jenseits zu gewinnen, ohne das ihm dafür Vergebung zuteil wird. Lest sie daher einem Sterbenden vor. .... Kein Sterbender, über den Yasin rezitiert wird, stirbt, ohne dass Gott ihm sein Los leicht gemacht hat. .... es gibt keinen Kranken, bei dem Yasin rezitiert wird, der nicht mit gelöschtem Durst stirbt, mit gelöschtem Durst das Grab belegt und mit gelöschtem Durst am Tag der Auferstehung mit den andern versammelt wird".
Um den Stellenwert dieses Ritus zu zeigen hier ein paar Ausschnitte dieser Sura: " "wahrlich, wir selbst beleben die Toten, und Wir schreiben das auf, was sie vor sich hersenden, zugleich mit dem, was sie zurücklassen, und alle dinge haben Wir verzeichnet in einem deutlichen Buch" (12)
" "Wahrlich, die Bewohner des Himmels (des Paradieses) sollen an jenem Tag Freude finden an einer Beschäftigung. Sie und ihre Gattinnen befinden sich im Schatten und lehnen auf liegen. Sie haben darin Früchte, und sie haben, was sie für sich wünschen. Frieden, als anrede von einem barmherzigen Herrn" (55-58); - "preis sei dem, in dessen Hand die Herrschaft über alle Dinge ist und zu dem ihr zurückgebracht werdet" (83). Und der Prophet hat schließlich gesagt: "keiner soll sterben, ohne eine gute Meinung von Gott zu haben, dass er sich seiner erbarmt und ihm ergibt". " Die Waschung des Verstorbenen:
Der Körper des Verstorbenen wird einer vollkommenen Waschung unterzogen. Hierbei wird einem der Verwandten oder Freunden meist die Sura AJ-Anam (6 = das Vieh) des Korans rezitiert.
Die Waschung geht so vor sich: " Der Körper des Verstorbenen wird seiner Alltagskleidung vollständig entledigt;
" Der Leichnam wird auf einem Tisch gelegt und mit einem Tuch zugedeckt, um den Schamteil zu verhüllen;
" Der Leichenwäscher versucht sodann durch sanften Druck die Leiche zu entleeren;
" Dann werden die verschmutzten Körperteile des Leichnams gründlich gesäubert;
" Daran anschließend folgt die eigentliche rituelle Waschung des Leichnams wie vor dem Gebet;
" Dann wird der Körper gewaschen: erst die rechte und dann die linke Seite, damit das verwendete Seifenwasser den ganzen Körper erreicht und reinigt;
" Die Waschung wird zumeist dreimal vorgenommen. Am Ende wird der Leichnam mit einer Kampferlösung übergossen.
Ist dies alles geschähen wird der Leichnam in ein weißes ungenähtes Leinen Tuch oder in 3 Stoffbahnen gelegt. Meist wird der Leichnam noch am selben Tag in der Moschee aufgebart, ein Ausnahme bilden hier bei die Hanifitten , diese Bahren ihre Toten vor der Moschee auf. Eine große Rolle spielt in den arabischen Ländern auch eine Art Totentanz und die Totenklage, dieses wird von den Klageweibern durchgeführt. Eigentlich lehnt der Islam diese Form der Trauer ab, denn es soll im stillen getrauert werden und nicht nach außen hin. Im allgemeinen ist es so das die Nachlassangelegenheiten schon geregelt sind, bevor der Leichnam zur Moschee getragen wird. Die Totenfeier:
Eine Gemeinschaftspflicht isst im Islam die Totenfeier, da alle Gläubigen an ihr teilnehmen sollten. In der "Allgemeinen Islamischen Menschenrechtserklärung" die im September 1981 verabschiedet wurde heißt es: "Wie im Leben, so ist der Körper des Menschen auch im Tode unantastbar. Der Moslem ist verpflichtet, dafür zu sorgen, dass der Körper eines Verstorbenen würdig bestattet wird".
Der Vorbeter (Imam) der Moschee steht bei den Männern am Kopf und bei den Frauen am Fußende. Ebenso wie im Grab liegt der Verstorbene während der ganzen Trauerfeier auf der rechten Seite, das Gesicht zur Ka`ba in Mekka.
Eine Totenfeier unterscheidet sich in der Durchführung on einem normalem Gottesdienst: Man nimmt die rituelle Waschung vor, wendet sich zur Oiba erhebt die Hände und formuliert die Gebetsabsicht. Es folgt dann das übliche Allah akbar , der Lobspruch die Al - Fatiha und ein andere Koranvers so wie bei einem normalem Gottesdienst auch üblich ist. Nur die Rukus( = Verneigung) und die Sadschdah (= Niederwerfung) entfallen hier. Nach einer der Lesung aus dem Koran bleibt man stehen und spricht das Allahu akbar und richtet dann das Gebet an Gott, in dem die Vergebung für alle lebenden und toten Moslems erbeten wird. Danach folgt der Segenswunsch für den Propheten Mohamed und ein drittes Allhu akbar leitet das Gebet für den Verstorbenen.
Das wohl bekannteste Gebet wird dem Propheten Mohammad zugesprochen. Der Wortlaut ist in etwa so: "O Gott, vergib ihm und erbarme Dich seiner. Verzeihe ihm und bewahre ihn, bereite ihm eine ehrenvolle Aufnahme und ebne ihm einen breiten Zugang. Wasche ihn mit Wasser und Schnee und Hagel und reinige ihn von den Sünden, wie das weiße Kleid von Schmutz gereinigt wird. Gib ihm zum Tausch eine Wohnung, die besser ist als seine irdische Wohnung, angehörige, die besser sind als seine angehörigen, eine Gattin, die besser ist als seine Gattin. Bewahre ihn vor der Verführung des Grabes und vor der Pein des Höllenfeuers".
Danach folgt eine vierte Lobpreisung der Größe Gottes und die zweimalige Grußformel "Assalamu alaikum wa baraktuh" (Friede sei mit euch und Gottes Barmherzigkeit und seine Segnungen.) Die Bestattung:
Beim Trauerzug zur Moschee bzw. zum Friedhof wechseln sich die Träger beim tragen des offenen Sarges ab. Es wird auch gern gesehen das Straßenpassanten den öffnen Sarg einige schritte tragen da sich hiermit um den Toten verdient machen. Am offenen Grab wird meist noch mal die Sura Yasin gesprochen, sie wird auch als gr0ßes Tor der toten bezeichnet. Sie Besitz eine zweifache Bedeutung: sie belehrt die Trauernden über das wahre wesen des menschlichen Lebens und hat eine tröstende Kraft. Dem toten selbst ist sie eine Bestätigung, dass er tatsächlich gestorben ist und zeigt die Kraft der Barmherzigkeit Gottes.
Beim ganzen Begräbnis wird das Glaubensbekenntnisses durch die Trauerden gebetet zur Erinnerung an den verstorbenen an die antworten die er dem Beefragungsengel im grabe zu geben habe. Das Grab sollte wie folgt aussehen:
" Es wird so ausgehoben, dass es parallel zu Mekka liegt;
" Der Kopf des Toten wird leicht zur rechten Seite hin geneigt, so dass das Gesicht wie bei der Aufbahrung, sich der Ka`ba gegenüber befindet (von der BRD aus in südöstlicher Richtung)
" Der Kopf des Toten weist nach Westen, die Füße nach Osten;
" Die tiefe des Grabes sollte bei Männern 1,50 Meter und bei Frauen 1,60 bis 1,70 Meter betragen;
" Das Grab wird von der Gemeinde selbst geschlossen -,
" Der Bestatter beginnt die Grablegung mit der Formel: im Namen Gottes und entspricht der Glaubensrichtung des gesandten Gottes.
Danach werfen die anwesenden drei Handvoll Erde in das Grab. Dabei wird meist die Formel gesprochen: " Daraus haben wir euch erschaffen" - "dazu lassen wir euch zurückkehren" - "und daraus werden wir euch ein zweitesmal hervorbringen".
Nach islamischem Brauch werden die toten an sich ohne Sarg in einem Leichentuch bestattet. Die in Europa üblichen Sargbestattung ist allerdings in den letzten Jahren durch Fatwa ( religiöses Dekret) anerkannt und so sind islamische Bestattungen in der BRD nicht mehr eingeschränkt, die Fatwa geht hier aber von Holzsärgen aus. In den ersten vierzig Tagen nach der Beerdigung werden Armenspeisungen, Trauersitzungen und Koranlesungen durchgeführt.
Ich denke, nachdem ich ja nun in Davutlar schon lange lebe und voraussichtlich auch noch hier weiterhin bleiben werde, ob ich mal zur Belediye oder ?mam gehen sollte. Ich gehöre keiner Religion an, möchte aber hier mal beigesetzt werden.Sollte man dies den zustaendigen Leuten sagen?? Meinen Kindern habe ich das schon erklaert... Meine Mutter ist 1995 in ?zmir verstorben. Damals wussten wir nicht so richtig Bescheid wie alles zu regeln ist und haben ein Institut mit allem beauftragt. Wir haben alles gemacht, was die für uns geplant haben. In einer italienischen Kirche wurde meine Mutter aufgebahrt, ein Priester sang und Frauen sangen ziemlich lange lateinische Verse. Anschliessend wurde sie in Karaba?lar auf dem christlichen Friedhof beigesetzt. Wir kannten einen deutschen Pfarrer aus Buca, dem hab ich dann noch telefoniert und er hat bei der Beerdigung letztlich dann noch einen Psalm den meine Mutter gerne las,aufgesagt und gebetet.
Einer unserer Nachbarn, der an Krebs erkrankte Maruf, ist endlich von seinem Leiden erlöst und im Krankenhaus in Aydin gestorben. Noch am gleichen Tag kam der Bestattungswagen mit dem Leichnam, der mit seiner Kühlanlage den ganzen Abend vor dem Haus des Verstorbenen gebrummt hat. Die Schar der Nachbarskinder war völlig ausser Rand & Band, sie haben bei einem Todesfall Narrenfreiheit, weil niemand sich um sie kümmern kann und toben bis spät in die Nacht, während die Familie alle Vorbereitungen für's Begräbnis trifft. Das muss traditionell in der Türkei sehr schnell passieren, spätestens am folgenden Tag muss der Verstorbene beerdigt sein.
Egal wie spät es ist, die Gemeinde stellt Tische, Stühle und sogar ein Zelt für die Trauergäste zur Verfügung... "unsere" Strasse ist im Moment für Autos unpassierbar wegen dem grossen Zelt, aber das stört uns nicht, wir können uns zum Glück einfach über den Acker davonmachen (zum Einkaufen und so)!
Beim Begräbnis am nächsten Nachmittag sind viele und ausschliesslich Männer erschienen, die den Verstorbenen erst in die Moschee und anschliessend auf den Friedhof begleiten. Danach versammeln sich alle zum Trauermahl beim Haus des Verstorbenen, wo später, sowie in den darauffolgenden Tagen ein heiliger Mann auf arabisch stundenlang in ein Mikrofon betet und singt, damit auch alle mitbekommen, dass jemand das Zeitliche gesegnet hat... das ganze Ritual dauert ein paar Tage und wird nach einer bestimmten Zeit wiederholt.
Heute ist es schon ein Jahr her, seit unser Nachbar Marauf das Zeitliche gesegnet hat und deshalb ist heute wieder der Muezzin anwesend und singt zum Gedenken an Maruf. Wieder sind viele Männer gekommen, um Maruf die letzte Ehre zu bezeugen und ihn zu gedenken. Ein schöner türkischer Brauch, wie ich finde!
Zitat von Karin...Öfters schon habe ich einen Begräbniszug gesehen, die Männer tragen abwechselnd den Sarg auf den Schultern, es findet ein fliegender Wechsel statt. Manchmal geht ein Trommler voran und überall, wo der Trauerzug vorbei kommt, wird die Musik ausgestellt.
Seufz, wieder ist unser Dorf um eine schöne Tradition ärmer! Der Sarg wird leider nicht mehr wie noch vor Kurzem von den Männern des Dorfes abwechselnd zum Friedhof getragen, jetzt läuft jeder Trauernde einfach hinter dem Leichenwagen her, der mit Schrittgeschwindigkeit zum Friedhof fährt. Erst am Friedhof angekommen, wird der Sarg das letzte Stück Weges von den Männern getragen.
Schade, eigentlich, es war nicht nur ein letzter Freundschaftsdienst, ich mochte es auch, wenn der Sarg quasi schwerelos über die vielen ausgestreckten Hände der Männer geglitten, fast wie tanzend geschwebt ist und die Männer immer wieder nach vorne gelaufen sind, um den Verstorbenen bis zu seiner letzten Ruhestätte liebevoll zu begleiten.